Montag, 14. Februar 2011

Im Kilt

Auf der 1. Rücke am Ostbahnhof stehend, beobachtete ich im Aussenspiegel einen Mann in Frauenkleidern, der mitten auf der Fahrbahn gehend links und rechts in die wartenden Taxen blickte. Neben mir blieb er stehen. Ich dachte zuerst an eine Transe und freute mich irgendwie auf eine unterhaltsame Fahrt. Aber keine Transe, nein ein Schotte! Mit Röckchen. Wie man ihn sich so vorstellt, stämmig, untersetzt - und betrunken.
Aber kein waschechter:

"Sprechen Sie Deutsch?" 
"Äähh, ja"     
(Beinahe hätte ich mit "of course" geantwortet. Ich hatte mit der Frage "Do you speak English?" gerechnet.)

"Haben Sie was gegen Deutsche?"
"Was ist das denn für eine Frage?"
"Ich habe keine Lust, mit so einem Deutschland-Hasser zu fahren. Ich steig jetzt bei Ihnen ein."

Der Fahrgast hat ja das Recht, sich das Taxi und den Fahrer selbst auszusuchen und eigentlich hatte ich ja gar keine andere Wahl, aber es war ein Fehler ihn einsteigen zu lassen. Er roch förmlich nach Ärger und auch die Begrüßungssätze zeugten davon, dass das keine angenehme Tour werden würde. Vielleicht will er ja nur um zwei Ecken und dann bist du ihn wieder los, dachte ich mir. Also Augen zu und durch.

"Wir fahren jetzt zum Kudamm."
Ach du Scheisse, auch noch so weit.
"Aber Sie fahren genau, wie ich sage."
Das kann ja heiter werden.
"Ich bin nämlich einer der besten Autofahrer der Welt"
Ab jetzt hielt ich den Mund.
Es wurde noch viel schlimmer.

"Taxifahrer sind die beschissensten Autofahrer überhaupt."

Ganz unvermittelt:

"Und verletzten Sie ja keinen Radfahrer. Ich bin auch viel mit dem Fahrrad unterwegs. Wenn Sie einen Radfahrer verletzen, bekommen Sie keinen Cent von mir."
Sein Tonfall wurde aggressiver.
"Und vor allem keine Radfahrerin. Sie bekommen dann kein Geld von mir."
 Noch lauter und aggressiver.

"Wir müssen auch noch zu einer Sparkasse."

Das war mein Stichwort.

"Gleich hier ist eine."

"Ja, typisch. Jetzt haben Sie wieder nur ihre Kohle im Kopf."

Ich hielt an und er quälte seine besoffenen Glieder aus dem Wagen. Kein echter Schotte, wie man sehen konnte. Er hatte was drunter.
Er ließ aber die hintere Beifahrertür offen und es zog mächtig. Ich stieg auch aus und ging um's Auto herum um die Tür zu schließen.

"Wenn Sie jetzt die Tür schließen, müssen Sie sich einen neuen Fahrgast suchen." brüllte er von anderen Straßenseite zu mir rüber.
Und nochmal:
"Sie müssen sich einen anderen Fahrgast suchen..."
und zeigte mir den Stinkefinger.
Ich schloss die Tür und befolgte seinen Rat. Der war mir nicht geheuer.

Scheiss was auf die 6,20 €, die ich schon auf dem Taxameter hatte. Das wäre nicht gut gegangen bis nach Charlottenburg mit uns beiden.

9 Kommentare:

  1. Echte Schotten tragen übrigens auch was drunter!
    Da gute Kilts unglaublich teuer und hochwertig sind, möchte man die von Innen auch gerne vor unangenehmen Verunreinigungen schützen.

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  2. @Nick
    Dieser Argumentation kann ich folgen. ;-)

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  3. WTF?
    Na da sucht man sich doch gerne einen neuen Fahrgast!
    So einen Vollpfosten hatte ich noch nicht einmal im Wagen, glücklicherweise...

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  4. Oh man, was für ein Honk. Die Fahrt wäre sicher noch schlimmer geworden.

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  5. @Hoenir
    Das werde ich ihm sogar ausdrücklich erzählen, mit der Bitte um eine Fehlfahrt.

    @alle anderen
    Ich bin zwar, gerade bei Fahrten am frühen Morgen vom Ostbahnhof aus, Kummer gewöhnt und habe eine ziemlich hohe Toleranzschwelle, aber mit dem da, das wäre nicht gutgegangen.

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  6. Vielleicht war es wieder einer dieser überaus intelligenten Taxi-Tests!

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  7. @Bernd
    Den habe ich dann aber bestanden, oder?

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