Letzter Versuch: Rum um die Ecke und beim Grand-Hotel vorbeigeschaut. Dort stellt er sich nur ganz selten an, da diese Halte Freiwild für Menschen ohne Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung zu sein scheint und die regelmäßig von Privat-PKWs zugeparkt ist.
Das ist immer wieder ärgerlich und sein Arzt hatte ihm geraten, auf seinen Blutdruck zu achten. Aber diesmal standen dort immerhin nur vier Kollegen und nur ein Falschparker, vor den er sich noch drücken konnte.

„Na, schmeckt es denn? Sie wissen aber wohl, dass das hier eine Taxihalte ist.?“
und zeigte auf das deutlich sichtbare Verkehrsschild, das für alle, ausser Taxis, ein absolutes Halteverbot bedeutet.
„Ja schmeckt. Und ich darf das. Ich bin Polizist.“
Äh, das hatte er doch schon mal erlebt. Unbeeindruckt von diesem Outing wollte K. noch etwas erwidern, aber da hatte sich der Kollege, der vor ihm stand schon aus seinem Fahrzeug begeben und mischte sich ein. Der Kollege, anscheinend ein Stammfahrer an dieser Halte, hatte einen etwas ruppigeren Tonfall am Leibe, als K., der ja auf seinen Blutdruck achten soll.
Sein Kollege diskutierte nun etwas erregt und zückte sein Mobiltelefon, um mit einem Anruf beim Ordnungsamt zu drohen.
Jetzt wiederholte der Beifahrer seine Aussage: „Ich bin Polizist.“ Und zückte dieses Mal aber seinen unter dem Sweat-Shirt verborgenen Dienstausweis.
Dann fiel der für den Kollegen verhängnisvolle Satz. In diesem Satz kam das Wort "blöde" vor. Im Zusammenhang mit dem sich soeben ausweisenden Beamten.
K. wunderte sich darüber, dass der Kollege den Ernst der Lage nicht verstand. K. drehte nun der Szenerie den Rücken und das Unheil nahm seinen Lauf.
Das Wörtchen "blöde" war zu viel für den Zivilbeamten. Er forderte den Kollegen auf, seinen Personalausweis zu zeigen, da dies eine Beleidigung sei und er nun gedenke ihm eine Anzeige zu verpassen. Nun drehte der Kollege sich um und ging zu seinem Wagen. Der Beamte ging ihm hinterher und hielt ihn am Arm fest. „Ihren Ausweis, bitte!“
Es entspann sich eine Diskussion, in dessen Verlauf von Seiten des Zivilbeamten immer wieder das Wort Personalausweis und auch das Wort Handschellen fiel.
Inzwischen hatte der Zivilbeamte wohl Unterstützung angefordert.
Wie samstags üblich, fand gerade in Mitte eine Demonstration statt und innerhalb von wenigen Minuten war die Taxihalte von drei Mannschaftswagen eingekeilt und der ohnehin durch die demonstrationsbedingten Umleitungen stark beeinträchtigte Verkehr brach an dieser Stelle komplett zusammen. Es entstand ein gewisses Durcheinander von Zivilbeamten, uniformierten Polizisten und Taxifahrern.
K. saß inzwischen wieder in seinem Auto und bestaunte kopfschüttelnd die Auswirkungen dieses kleinen bösen Wörtchens.
K. als Zeuge und sein Kollege mit der Beleidigung wurden nun zum Warten auf die reguläre Streife, die man anscheinend bestellt hatte, verdammt.
Die kam jedoch nicht so schnell und einer der Mannschaftswagen blieb bis zum Eintreffen der Streife vor Ort.
Als die Streife K.s Personalien aufnahm, fragte K. nach:
„Was macht denn ein Undercover Agent Pizza essend auf einer Taxihalte. Ihm muss doch bewusst sein, dass er damit den Arbeitsplatz von Taxifahrern blockiert. Was würden sie sagen, wenn sich jemand einfach in ihren Mannschaftswagen setzen würde, um seinen Döner zu essen?“
Der Streifenpolizist war ein durchaus umgänglicher Zeitgenosse und beantwortete K.s provokante Frage tatsächlich:
„Es kann durchaus sein, dass im Rahmen eines Dienstauftrages so eine Maßnahme gerechtfertigt ist. Ich selber habe ähnliches schon bei Undercover Einsätzen in Neukölln auch getan.“
Die ganze Aktion dauerte ca. 20 Minuten und da es so und so gerade keine andere sinnvolle Beschäftigung für K. zu geben schien, blieb er einfach an der Halte stehen.
Die Gedankenspielereien, welchen Auftrag der Zivilbeamte denn gehabt haben könnte, ließen ihm die weitere Viertelstunde wie im Flug vergehen. NEIN, einen Auftrag Taxifahrer zu Beleidigungen zu provozieren, den kann es nicht gegeben haben. So einen blöden Auftrag würde die Polizei nie geben. Nein, nein und nochmals nein. Solche Gedanken gehören in das Reich der Verschwörungstheorien. Sein Auftrag MUSS mit der Demonstration zusammenhängen. Und dann haben die einfach Hunger gekriegt.
Und was mit absoluter Sicherheit feststeht, er wird es nie erfahren.
K.s Ausharren aber wurde belohnt. Das Hotel gegenüber hatte ihm eine Fahrt nach TXL zu bieten, wonach er, immer noch mit einem "wtf, was war da denn los?", Feierabend machen konnte.
Und immerhin hatte sich heute sein Grundsatz, niemals irgendwelche Menschen zu bepöbeln bestätigt. Aber dass der Ausdruck „blöde“ schon zu den Beleidigungen gehört, das war ihm neu.