Dienstag, 5. Mai 2009

Von Versandhäusern, Banken und Friseurinnen

Folgende Geschichte ist jetzt zwei Wochen her. Ich muss aber immer wieder daran zurück denken.

Ein Auftrag von der Säule meiner Lieblingshalte. Als ich eintraf, wurde gerade eine ältere gehbehinderte Dame von ihrer Nachbarin (die aber nicht mitfuhr) auf die Straße begleitet. Sie wollte als erstes zu ihrer Bank und anschließend zum Friseur. Ob ich sie in die Bank begleiten könnte? Klar könnte ich. Ob ich auf sie warten könnte? Klar (gibt ja prima Wartezeit). Sie war sehr stark gebehindert und schon der Weg in die Bank hat 2-3 Minuten gedauert. Dann folgte ein fast 10-minütiges Gespräch mit ihrem Bankberater. Die Uhr lief natürlich immer noch, aber ich hatte langsam ein mulmiges Gefühl. Weitere Zeit verstrich, bis ich sie wieder im Auto hatte. Jetzt gestand sie mir, dass die Bank ihr Konto gesperrt hätte. "Wie das?" Sie hätte einfach zuviel bei Versandhäusern eingekauft. Und jetzt hätte sie noch 35 Euro und das würde ja nicht für's Taxi und den Friseur reichen. Der Taxameter zeigte inzwischen rund 18 Euro an. Ja, ob sie denn bei dem Friseur anschreiben könnte, wenn sie jetzt schon mal unterwegs sei? Wisse sie nicht, könnte man aber ausprobieren, da sie Stammkundin sei. Beim Friseur angekommen, hatten wir rund 20 Euro beisammen. Und jetzt hielt ich die Uhr an und wir rechneten ab. Dann begleitete ich sie in den Friseurladen hinein. Da waren zwei äusserst unfreundliche Friseurinnen, die von Anschreiben gar nichts wissen wollten und sie wieder rausschickten. Also fuhr ich sie nach Hause.

Und jetzt kommt der Punkt, weshalb ich mich so über mich selbst ärgere: Ich habe ihr die 2,50 Euro, die das gekostet hat, auch noch abgeknöpft. Von ihren letzten 15 Euro!

Man muss sich das vorstellen: Sie hatte gerade erfahren, dass sie pleite ist, kein Kredit beim Friseur hat und diese Erkenntnisse kosteten sie fast ihr letztes Geld, das in meiner Kasse landete. Klar, ich verhielt mich nach Vorschrift, aber wenigstens die Heimfahrt hätte ich ja auf meine Kappe nehmen können, nein, sollen.

Asche auf mein Haupt!

4 Kommentare:

  1. Vielleicht hätte es ja einen "Cut and Go" Friseur in der Nähe gegeben, wo du sie hinchauffieren hättest können. das spart Geld und die Dame hätte sich gefreut. ...allerdings machen die keine Dauerwellen, falls sie das wollte.

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  2. Oh, das ist eine blöde Situation... aber halt auch schwierig. Immerhin hast du die Uhr beim zweiten Stopp ausgeschaltet.
    Keine Sorge, so assi, dass ich hier auf die Vorschriften poche, werde ich nie werden. Aber im Vergleich zu den Friseurinnen hast du sozial gesehen ja noch gut abgeschnitten.
    Aber es sind so Momente, in denen ich mich auch immer wieder frage, was eigentlich in der Gesellschaft schief läuft, dass man sich als Taxifahrer Gedanken darum machen muss, ob man seinen an sich nicht unbedingt luxuriösen Lohn zu Recht bezieht - weil Menschen wie die genannte Dame trotz schwerer Behinderung derartige Notwendigkeiten nicht gezahlt bekommt.

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  3. @sash
    der Ansatz gefällt mir. Was läuft schief, wenn man als nicht unbedingt überbezahlter Taxifahrer ein schlechtes Gewissen haben muss? Allerdings gibt es schon den "Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderung"

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  4. Ich baue oben einen Satz auch nochmal um. Den mit mit ...nach Vorschrift. Ist zu missverständlich.

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