Es ist schon 2 - 3 Wochen her, als mich auf Höhe des Jakob-Kaiser-Hauses ein Fahrgast ranwinkte. Der Ausgang an der Wilhelmstraße des
Jakob-Kaiser-Hauses ist ein Ort, an dem Politker sich unters normale Volk mischen. Ungeschützt, keine dicken Mauern, keine Einlasskontrollen und sonstige Barrieren.
Ich habe ihn sofort erkannt und ihn auch darauf hingewiesen, dass ich keine Politikerbeförderungsrechte (Ein Bundestagsfahrer bin ich nicht.) habe und er auch nicht mit Coupon oder auf Rechnung bezahlen könne.
"Egal jetzt. Ich muss dringend zum Flughafen."
sagte der allseits bekannte Politiker.
Er erledigte noch ein Telefonat mit seiner Fahrbereitschaft um Bescheid zu sagen und widmete sich anschließend meiner Person. Sozusagen eine Vorwärtsverteidigung, bevor der Taxifahrer noch versucht sich mit ihm über Politik zu unterhalten. Das hatte ja die FDP, als es sie noch gab,
so heftig bemängelt.
Mit der Begründung, er sei in seiner Fraktion für das Gesundheitswesen tätig, befragte er mich zu meinem Gesundheitszustand.
Ja, hoher Blutdruck und auch leichtes Übergewicht seien ein Herzinfarktsrisiko. Und vor allem das Rauchen. Ob ich mich schon mal mit der E-Zigarette auseinander gesetzt hätte? (Das werde ich tatsächlich mal probieren. Hatte ich aber vorher schon auf dem Plan.) Blablabla. Nichts Neues also.
Ich behaupte aber, ER soll ein bisschen auf seinen Blutdruck achten. Es war Freitagnachmittag und wie immer ging es sehr langsam und zäh voran auf dem Weg nach TXL. Meine Versicherungen, ausreichend Zeit zu haben, interessierten ihn anscheind nicht. Er rutschte sehr unruhig auf seinem Sitz hin und her und bei jeder roten Ampel kam ein genervter Seufzer. Während ich als Herzinfarktgefährdeter sogar diese extreme Verkehrsdichte sehr gelassen hinnahm. Ehrlich gesagt, diese meine Ruhe erstaunt mich immer wieder selbst. Ich muss zwar keinen Flug erreichen, aber Fahrgäste, die es eilig haben, können einen schon ganz schön nervös machen.
Und, was soll ich sagen. 15 Minuten vor seiner Last Boarding Time setzte ich ihn an seinem Gate ab.
"Das haben Sie sehr gut hingekriegt."
Soweit die Vorgeschichte.
Letzten Freitag um eine ähnliche Zeit fuhr ich nun einen Geschäftsmann zum Flughafen. Ein Mann, der das seit Jahren macht und dem die Verkehrssituation bekannt war. Ich beruhigte ihn, weil auch er spät dran war und erzählte ihm die Geschichte mit dem Politiker. Und erwähnte auch seinen Namen.
"Hahaha, das war ein Klassenkamerad von mir. Das war der unbeliebteste Schüler der ganzen Klasse. Der ließ nicht mal jemanden abschreiben. Eine Petze vor dem Herrn. Herr Lehrer, Herr Lehrer..."
Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, wie sehr ich Petzer, Anscheisser und Indiskretionen verachte?
So, nun habe ich also auch mal eine Petze verpetzt. Schlimm? Nö, denke ich, der Mann ist Politiker und muss das abkönnen.
Und wieder hat sich ein Kreis geschlossen.
(Den Namen des Politikers gebe ich mit Absicht nicht preis, denn ob er in der Schule eine Petze gewesen ist, kann ich nicht beweisen, da meine Information nur auf Hörensagen beruht.)