Montag, 12. Mai 2014

Stein im Brett

(Es ist mir bewusst, dass ein Großteil meiner Leser mit Sport bzw Fußball nicht viel am Hut hat. Aber es gehört schon zu den Grundtätigkeiten eines Taxifahrers, Fußballfans durch die Stadt oder ins Stadion zu bringen. Auch die Auswärtigen. Also:)

Am Samstag war die Innenstadt schwarz-gelb. Der BVB (Dortmund) war zu Gast bei Hertha.

Die Dortmunder übten augenscheinlich schon für den nächsten Samstag. Da sind sie ja schon wieder hier.
Gleichzeitig war die wichtigste Ost-West-Verbindung, die Straße des 17. Juni, wegen eines Frauenlaufes gesperrt. Halleluja, ihr Berliner Verkehrsplaner. Zusätzlich gab es eine Demo (für die Energiewende und gegen Atomkraftwerke - auch viel schwarz gelb), so dass genau in diesem Bereich auch noch die Nord-Süd-Verbindung vom Hbf in die Klingelhöferstraße zeitweise gesperrt war. Das Chaos war perfekt.


Sie waren eindeutig als BVB-Fans zu erkennen und verteilten sich auf das Taxi vor mir und das Meinige.

"Schön, dass ihr hier in Berlin eure Farben nach uns ausgerichtet habt"  

und zeigte auf das Dachschild meiner Taxe.


"Bringst'e uns raus zum Stadion?"

"Na klar, wenn ihr nicht mit Dönern um euch schmeisst."

Erstmal Totenstille im Auto.

"Hey Jungs, war doch nur ein Scherz."

Das mag ich so an Ruhrpottlern. Die können auch einstecken. Die Stimmung im Auto war gut, obwohl wir zu unterschiedlichen Lagern gehören. Meine Stammleser wissen das. Aber ich bin einer der Zeitgenossen, der sich dadurch auszeichnet, Begeisterung für eine bestimmte Mannschaft zu haben, ohne alles andere niedermachen zu müssen. Und auch meine Truppe war nicht allzu fanatisch. Ich erzählte von den Freunden, zwei im Bayern-Dress, einer im schwarz-gelben Outfit, die ich beim Cupfinale 2012 in meiner Taxe zum Stadion fuhr. Das fanden sie auch Okay.

Probleme hatte ich nur mit der Kollegin, die voraus fuhr. Meine Güte, seit einer Woche ist es überall zu lesen, auf den Infotafeln der VMZ, in der Zeitung, im Verkehrsfunk kam es stündlich, die Straße des 17. Juni war an diesem Tag GESPERRT: Und was macht sie? Mittenrein ins Chaos. Ich habe mich dann von ihr getrennt und bin meinen eigenen Weg gefahren.

Etwas ins Stutzen kam ich, als einer auf der Rückbank ständig seinen Kumpels erklärte, wo wir waren, was jetzt gleich kommen wird und manchmal sogar geschichtliche Hintergründe dazu. Und alles war richtig!

"Sag mal, kommst du aus Berlin, oder hast du mal hier gewohnt? Du weißt ja besser Bescheid als so mancher Berliner Taxifahrer."

"Nein, aber mein Vater hat in Berlin studiert und wir waren jahrelang mehrmals im Jahr zu Besuch hier."

Sein Nebensitzer mischte sich ein:

"Weißte was passiert ist, als wir gestern nach Berlin reingefahren sind? Der hat vor Rührung geheult wie ein Schlosshund. Und zwar so, dass wir alle mitheulen mussten."


So sind sie also, diese Hartgesottenen. Bei mir haben jetzt aber BVB-Fans einen dicken Stein im Brett.

Und hey, ich freu mich auf nächsten Samstag.

3 Kommentare:

  1. "...als wir gestern nach Berlin reingefahren sind?"
    Auch für mich ist es immer wieder ein starkes Gefühl, per Bahn so ab dem Aussenring, oder wenn dann die S-Bahn auftaucht. Resultierend aus den Erlebnissen in und um die Stadt in den letzten 41 Jahren. Spannung, Vorfreude auf die nächsten Tage und irgendwie auch ein wenig von endlich Wiederda(heim?)sein.

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    1. Ich konnte mitfühlen. Als ich mal eine zeitlang in München gewohnt habe und fast jedes WE "nach Hause" gefahren bin, immer in Drei Linden...

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  2. Und ich bin auf die nächsten Stunden dieses Sonntags gespannt :o

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