Montag, 7. März 2011

frie little piks

Es ist ein schlechtes Omen, wenn ich bei meinen frühmorgendlichen Streifzügen den Sash am Ostbahnhof antreffe. Das heißt dann meistens, der Nachtdienstumsatz war unter aller Kanone und der Sash macht Überstunden. Das war am Samstagmorgen zwar nicht der Grund seiner späten Anwesenheit, aber ein Glücksbringer ist Sash wirklich nicht. Dieser Tag wurde zum schlechtesten seit August 2010. 

Ich wollte nur mal kurz am Ostbahnhof vorbeischauen und eigentlich wäre es sinnvoll gewesen, gleich wieder abzudrehen, denn da warteten viel zu viele Taxen. Naja, aber da stand er, der Sash, auf der ersten Rücke und ich reihte mich gleich hinter ihm ein. Ein kleines Schwätzchen? Na klar. Aber die Zeit verging, es passierte nichts, ich wurde immer unruhiger. Noch keinen Cent verdient ... Schließlich erhielt Sash trotz der Position auf der Rücke zwei Fahrgäste.

Und so ritt er mit seiner Feierabendtour in den Sonnenaufgang, während ich endlich dem Ostbahnhof den Rücken kehren konnte.
[Ich hoffe, man sieht die Ironietags]

Für mich war klar, es macht keinen Sinn, hier am Bahnhof zu versauern und so machte ich mich wieder auf Beutefang. Und wurde gleich darauf mit einem freien Funkauftrag belohnt. Ein Hotel in der Warschauer Straße, das von den meisten Kollegen abgelehnt wird, da die Gäste sehr oft schon von umherstreifenden Taxen eingesammelt werden. Ich war aber nahe genug dran (1 Minute), um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, wem dieser Fahrgast gehört. Er war sogar noch im Hotel. Ich meldete mich artig beim Empfang und wurde auf einen Herrn verwiesen, der in der Lobby stand und sich krampfhaft an einem halb gefüllten Rotweinglas festhielt.

"Sir, your Taxi." 

Okay, also englischsprachig.
Der setzte sich in "Bewegung" (etwas unkoordiniert, diese Bewegung), wollte sich aber nicht von seinem Weinglas trennen.

"Please, without your wine glass."

"Sorry, I don't speak German. English?"

"This was English. Please without your wine glass." wiederholte ich meine Bitte.

Dass er mich nicht verstanden hatte, lag nicht an meiner Aussprache, sondern  wohl eher an seinem alkoholisierten Zustand ...

"Du ju no a hotel "frie little piks?" fragte er mich.

"Free little peaks? A hotel? No. But I can check it up. Moment please."

Ich zückte mein neues Smartphone und googelte. Er schaute mir über die Schulter und erhob Einspruch. "Srie!" und hob drei Finger in die Luft. Und grunzte dazu. Wie, ein Hotel mit dem Namen "Drei kleine Schweine?" Das hatte ich zwar zuvor noch nie gehört, aber das gibt es wirklich. Ist zwar ein Hostel, aber wer wird denn morgens um diese Uhrzeit kleinlich sein.

Beim Abschied gab es noch 20 Cent Trinkgeld mit der Bemerkung:

"I hoab, ju laik nau the poalisch. Kamm änd wisit as"

Klar, bei Gelegenheit. Vorher gibt es aber noch wichtigeres.

16 Kommentare:

  1. Oh, da ist jetzt ein Hostel drin?
    Der Name ist ja schon etwas merkwürdig, vor allem für ein Hostel mit christlichem Hintergund.

    AntwortenLöschen
  2. Was zum Teufel will man denn in Israel?
    (Man entschuldige die harsche Tonart, ich bin beruflich Israeli geprägt...)

    AntwortenLöschen
  3. @Nick
    Urlaub machen. Ein kulturell interessantes Land. Was spricht dagegen?
    Gründe für Deine harsche Tonart??

    AntwortenLöschen
  4. Das war kein Pole. Polen trinken keinen Rotwein. Polen sprechen ganz hervorragend Englisch. Ist jedenfalls meine Erfahrung. Bei meinen vielen Besuchen in Polen.

    AntwortenLöschen
  5. @Achim
    Es kann natürlich sein, dass es Kirschsaft im Rotweinglas war, das er sonntagmorgens um halb sieben getrunken hat. Ich habe nicht probiert.

    AntwortenLöschen
  6. @Klaus
    Die Leute.
    Ich muss auch sagen, es gibt eindeutig sehr sehr nette Isrealis, aber die sind bei uns zumindest in der Minderheit.
    Ich finds einfach schade, dass sie sich zum größten Teil immernoch auf ihre Opferrolle besinnen und sobald irgendwas nicht läuft heißt es 'nur weil ich Isreali bin'.
    Ich habs zwar selbst noch nie so krass miterlebt, aber Kollegen von mir erzählen, dass auch mal so Sätze fallen wie 'Dein Großvater hat meinen Großvater umgebracht'.
    Und das einzige 'Fuck you' was mir hier jemals an den Kopf geworfen wurde, kam auch von einer Dame aus Isreal.

    AntwortenLöschen
  7. Das ganze Isreal soll natürlich Israel heißen.
    Da kam mir mein vieles englischschreiben in den Weg, da gibt es öfter real als rael ;)

    AntwortenLöschen
  8. Häh? Wie kommen hier fast alle Kommentatoren auf Israel?

    AntwortenLöschen
  9. @Nick
    Also, das ganze ist ein bisschen kompliziert.
    Mich interessieren tatsächlich auch die Menschen. Ich habe noch nie verstanden, wie ein Volk (Religion), das dermaßen leiden musste, sich heute hinstellt und ähnliches mit den Palästinesern macht. So liest man es. Mit eigenen Augen gesehen habe ich es aber nicht. Das ist ein Land, das im Mittelpunkt der Geschichte des Nahen Osten steht. Ich möchte das tatsächlich kennenlernen, vielleicht auch um meine eigenen Vorurteile zu revidieren.
    Ausserdem gibt es hier im Hause jemanden, die eine besondere Beziehung zur Kultur des Landes hat. Früher mal, arbeitsmäßig.
    Vielleicht werde ich anschließend was darüber schreiben. Auf jeden Fall wird es Fotos geben.
    Und noch was. Ich hatte auch schon oft, sehr oft Israelis im Auto. Und keinerlei negative Erfahrungen gemacht.

    AntwortenLöschen
  10. @Achim
    Kleiner Tipp:
    Die Links anklicken. ;-)

    AntwortenLöschen
  11. @Klaus
    Danke, kann ich nachvollziehen.
    Da ich aber dann anscheinend nur die 500 unangenehmen Israelis hatte, möchte ich kein Risiko eingehen. ;)

    AntwortenLöschen
  12. Es ist immer wieder interessant, wie Leute kommentieren, wenn es um Israel geht. Und komischerweise sind es angeblich fast immer negative Erfahrungen. Das hat aber natürlich überhaupt nichts mit Antisemitismus zu tun.

    @ Klaus
    Was macht denn "das Volk" mit den Palästinensern? Möchtest du als Deutscher mit allem, was Merkels Regierung macht, identifiziert werden? Übrigens gehören zu den Israelis auch 20 Prozent Araber.
    Israel ist mit Sicherheit an vielen Punkten zu kritisieren, aber Tatsache ist auch, dass es seit Jahrzehnten die einzige Demokratie im Nahen Osten ist und anders als die meisten arabischen Staaten auch Andersgläubigen deren Religionsausübung erlauben.

    @ Nick
    Sicher, die netten Israelis sind in der Minderheit. Die Deutschen sind ja viel netter, stimmt's? Jedenfalls die, die nicht nach Israel fliegen, denn "was zum Teufel will man denn dort"?
    Was hast du eigentlich der Dame gesagt, dass sie dann mit "Fuck you" reagiert hat? Komisch übrigens, dass ich solche angeblichen Großvatersprüche noch nie gehört habe.
    Und bei deinem Spruch "zum größten Teil immer noch auf ihre Opferrolle besinnen" fehlt irgendwie der zweite Teil. Der mit der Täterrolle, nicht wahr?

    AntwortenLöschen
  13. @Aro
    Ich möchte um Gottes Willen hier keine Grundsatzdebatte über israelische Siedlungspolitik oder dem in Deutschland immer noch unterschwelligen vorhandenen Antisemitismus lostreten. Dazu ist ist dieses kleine Taxiblog wohl nicht die geeignete Plattform.
    Wenn Du aber meinen vorigen Kommentar aufmerksam gelesen haben solltest, ist Dir bestimmt aufgefallen, dass ich u. a. deshalb dorthin reisen will, um mir selbst ein Bild von Land und Leuten zu machen. Insoweit das mit einem Touristenvisum in zweieinhalb Wochen möglich ist.
    Auf die Idee, mich dort mal umschauen zu wollen, haben mich, neben den oben genannten Gesichtspunkten, übrigens auch arabische Christen aus Jerusalem, die ich als Fahrgäste im Auto hatte, gebracht.

    AntwortenLöschen
  14. @Aro
    Schön wäre, wenn du mir nicht alles im Mund umdrehen würdest.
    ICH habe bis jetzt bei mir AUF DER ARBEIT mehr Israelis kennengelernt, die FÜR MICH deutlich anstrengender waren als andere.
    Und das können meine Kollegen so bestätigen (übrigens auch die Kollegen vom Zoll).
    Sicher hängt das damit zusammen, dass sie vielleicht etwas nicht bekommen, mit dem sie gerechnet haben, aber wieso ist das dann bei den anderen Bevölkerungsgruppen so anders?
    Genau so könnte ich dir sagen, dass die Mongolen notorische Lügner sind, da schreit dann allerdings keiner auf.

    Wir haben deutlich mehr Russen als Israelis und da ist das z.B. überhaupt nicht der Fall.
    Dazu muss ich dir auch noch unterstellen, dass du bisher mit weniger Israelis zutun hattest als ich/wir.

    Ich kann dir sagen was ich der Dame gesagt habe.
    Ich habe ihr gesagt, dass sie im Geschäft nach Formularen fragen muss, um ihre Mehrwertsteuer zurückerstattet zu bekommen und dass das ohne die Formulare nicht geht.
    Und das ist bei allen so, nicht nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen.

    Komisch, dass du so Sprüche noch nicht gehört hast?
    Weder ich, noch du sind Maßstab für Sprüche, die es gibt.
    Bei uns gibt es sie, ich habe sie auch noch nie gehört, aber Kollegen haben sie gehört.
    Und meine Kollegen unterschwellig als Lügner darstellen ist auch nicht die feine Art.

    Ich schreibe hier für mich subjektiv, nicht für die ganze Welt.
    Da ich hier viel mit unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zutun habe, darf ich mir in dem Fall auch mein eigenes Bild machen und das Land liegt erstmal nicht auf meinem Reiseplan.

    p.s.: Ich möchte nicht weiter darauf eingehen, aber, dass man in Deutschland nicht mal den Satz 'jedem das seine' benutzen darf, da er eine Nazivergangenheit hat, selbst wenn man das nicht weiß, finde ich schon eine starke Ausdehnung der Opferrolle.
    Keine Frage, das was passiert ist war und ist unaussprechlich, aber inzwischen Leben fast nur noch Generationen die NICHTS damit zutun haben.

    AntwortenLöschen
  15. @Aro
    Danke übrigens für die Antisemitismuskeule, das zeigt, dass du nicht überschnell mit Vorurteilen bist...

    AntwortenLöschen
  16. Sorry, aber ich habe schon einige Erfahrung, sowohl mit Israelis, als auch mit Juden und Antisemiten. Sonst hätte ich das auch nicht geschrieben.

    AntwortenLöschen