Freitag, 27. August 2010

Verdi verteilt Flugblätter (2)

Meine Gewerkschft hat mir geantwortet:


Hallo Klaus,

hier erst einmal der Text unserer Presseerklärung von Vorgestern zur Aktion. Sollte sich die Presse zur Aktion in unserem Pressespiegel wiederfinden sende ich dir diesen auch gleich durch. Den Pressespiegel erhalten wir immer so gegen Mittag.

Gestern haben wir die Informationen erst einmal nur an die Taxifahrer verteilt, weil wir im Wartebereich am Hauptbahnhof standen. Hier steigt niemand zu. Wären wir ein paar Menschen mehr in dir Arbeitsgruppe Taxi, könnte man sich aufteilen.

Ob die Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe auch bereit wären am Ostbahnhof zu informieren würden kann ich so nicht beantworten. Das besprichst du am besten mit der Gruppe selbst. Sie trifft sich wieder am 21.9.2010 um 18:00 im ver.di Gebäude in der Köpenicker Straße 30, im Raum 1:12. Ich weis, dass sich die Kolleginnen und Kollegen über Verstärkung freuen würden.

Gruß Jens Gröger

Text der Presseinformation:

Berlin, 25. August 2010
Nr. 108

ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirk Berlin-Brandenburg www.bb-verdi.de

P R E S S E I N F O R M A T I O N

Legal Taxi fahren – für Mindestlöhne im Berliner Taxigewerbe ver.di-Aktion am 26. August 2010 vor dem Berliner Hauptbahnhof

„Legal Taxi fahren – fair Taxi fahren sowie für Mindestlöhne im Berliner Taxigewerbe“ ist das Motto einer Aktion, die die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am 26. August 2010 am Berliner Hauptbahnhof durchführt. Mit Flugblättern sollen Taxifahrer und Fahrgäste über die gravierenden Nachteile so genannter „Schwarztouren“ aufgeklärt werden. Daneben macht sich die Gewerkschaft für die Einführung von Mindestlöhnen im Taxigewerbe stark.

Die Aktion findet am Donnerstag, dem 26. August 2010 in der Zeit von 12 bis 14 Uhr am Berliner Hauptbahnhof, Washington Platz am Taxinachrückeplatz statt.

ver.di fordert Taxifahrer und Taxifahrerinnen auf, Schwarztouren zu unterlassen. Bei diesen Touren wird das Taxameter nicht eingeschaltet und es wird ein Fahrpreis vereinbart, der unterhalb des offiziellen liegt. „Was als wechselseitiger Deal beginnt, kann für die Beteiligten teuer werden. Die meisten Fahrgäste, die so handeln, wissen nicht, dass sie im Falle eines Unfalles nicht versichert sind“, sagt Jens Gröger, ver.di-Fachbereichsleiter Verkehr. Außerdem verursache Schwarzarbeit immense Schäden. Firmen, die Schwarzarbeiter und Schwarzarbeiterinnen beschäftigen, zahlen keine Lohnsteuer und Sozialabgaben und ergaunern sich so einen Wettbewerbsvorteil. „Wir wollen Fahrgäste wachrütteln und auffordern, die illegalen Schwarztouren abzulehnen“, so Jens Gröger. Die Schwarzarbeit im Taxigewerbe drückt die Löhne der angestellten Fahrer und Fahrerinnen, die sich ohnehin im Niedriglohnbereich befinden.

Daraufhin nochmal icke:

Hallo Jens,
erstmal vielen herzlichen Dank für Deine Antwort!
Ich persönlich glaube aber, dass ein Verteilen dieser Informationen nur an Taxifahrer weit am Ziel vorbei geht. Nach meinen persönlichen Erfahrungen sind es in erster Linie die Fahrgäste, von denen diese unseriösen Festpreisangebote ausgehen. Aber natürlich gibt es zu meinem Leidwesen auch sehr viele Kollegen, die darauf eingehen, um mehr "Netto vom Brutto" zu erhalten. Diese Klientel erreicht man aber nicht, in dem man einmal im Jahr tagsüber am Hauptbahnhof Flugblätter verteilt! Diese Informationen über Nicht-Versicherung und unsolidarischem Gebaren müssten auch an die Fahrgäste gehen - unbedingt.
Und hier noch etwas, was ich selbst schon zu diesem Thema geschrieben habe. In der 2.Geschichte.

http://cab-log.blogspot.com/2009/12/zwei-kurzgeschichten.html

Vielen Dank nochmal.
Mfg
Klaus

Noch eine persönliche Stellungnahme meinerseits:
„Wir wollen Fahrgäste wachrütteln und auffordern, die illegalen Schwarztouren abzulehnen“, so Jens Gröger (Zitat aus der obigen Presseinformation)
Und warum werden dann die Flugblätter nur an die Fahrer verteilt?

Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass eine Organisation, die sich für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzt, unbedingt notwendig ist. Ich bin nur nicht ganz sicher, in wieweit sich diese Organisation inzwischen durch Bürokratie und Selbsterhaltungsmechanismen soweit von der "Basis" entfernt hat, dass sie gar nicht mehr weiß, was diese eigentlich wirklich will.
Für mich ist z.B. die Gewerkschaftspolitik beim Thema Sonntagsarbeit zum Reizthema geworden.

Unabhängig vom vielleicht noch folgenden Pressespiegel der Gewerkschaft, die Berliner Zeitung hat gestern am ausführlichsten darüber berichtet.

7 Kommentare:

  1. Es ist ja schon löblich, das Verdi das als Problem erkennt. Aber warum die die Aufgabe des Finanzamtes übernehmen, ist mir nicht ganz klar. Stattdessen sollte sich die Gewerkschaft für Mindestlöhne kämpfen, was sie aber nicht tut. Im Zusammenhang mit den Schwarzfahrten nun das Wort "Mindestlöhne" einfließen zu lassen, halte ich für sehr merkwürdig.
    Also ich kann mit der ganzen Aktion nichts anfangen. Mein Hauptproblem ist nicht, dass Kollegen Schwarzfahrten machen, sondern dass ich zeitweise für 2 oder 3 EUR pro Stunde arbeiten muss.

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  2. @Aro
    Ich kann auch nichts damit anfangen, am Taxistand ohne Publikumsverkehr diese Flugblätter zu verteilen. Ich behaupte mal, dass es dadurch für 90-95% aller Fahrer keine neuen Erkenntnisse gab.
    Ich vermute, dass diese Aktion eine Maßnahme zur Rekrutierung neuer Mitglieder sein sollte.
    Mich würde das Flugblatt als solches mal interessieren.

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  3. Also bei uns sind es meist die Fahrgäste die nach einem Festpreis fragen, das sie dann bei einem "Schaden" evt. nicht versichert sind ist mir auch neu !
    Mindestlohn finde ich eigentlich auch gut aber wenn man das mal Bundesweit aufs Gewerbe betrachtet sieht könnte dabei dann der eine oder andere Unternehmer wohl aufgeben müssen z.b. im ländlichen bereich

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  4. @Fritz
    Das mit der Versicherung habe ich schon sehr oft gehört, aber wo genau das steht weiß ich auch nicht. Ich verfluche immer die Fahrer, die nachdem man selbst solch ein "Angebot" abgelehnt hat, anschließend genau mit diesen Kunden losfahren.
    Zum Thema Mindestlohn für Taxifahrer sage ich erst mal nichts.

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  5. Also ich denke auch, dass wahrscheinlich jeder Taxifahrer bestätigen kann, dass die Kunden solche Touren verlangen, aber nicht wissen, was das bedeutet.
    OK, es wird die schwarzen Schafe geben, die solche Anfragen auch selbst stellen, aber ich würde bei mir persönlich sagen, dass rund 20% der Fahrgäste anfragen, ob ich einen Festpreis machen kann. 20%! Klar, die meisten sind nicht hartnäckig, manch Touri ist das vielleicht gewohnt, meist ist es schlicht Unwissenheit. Also nix dagegen, dass da jemand mal das Bewusstsein erweitert.
    Ich komme mir dagegen fast ein wenig verschaukelt vor, wenn ich ermahnt werde, keine Schwarztouren zu machen...

    Also an der Zielgruppe vorbei ist es definitiv. Zumal die Fahrer, die das vielleicht als ernstes Geschäftsmodell betreiben, sicher nicht gerade mit Begründungen wie "Versicherung der Fahrgäste" zu überzeugen sind. Die sehen nur das, was wir als ehrliche Fahrer ja auch ständig vorgehalten kriegen: Da haste das Geld brutto gleich netto und mehr Touren haste auch noch...

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  6. Das mit der Versicherung ist auch eine absolute Nullaussage! Von welcher Versicherung reden die? Ich möchte einfach mal ausschließen, daß im Falle eines Unfalls die (angenommen schuldige) gegnerische Haftpflicht nicht zahlt. Genausowenig wird sich damit die eigene (angenommen schuldige) Haftpflicht weigern, die Schäden der Fahrgäste zu übernehmen. Mir fällt genau keine Situation ein, bei der ein "schwarzgefahrener" Fahrgast leer ausgeht, wenn er zu Schaden kommt.

    Die Versicherungen werden sich schlimmstenfalls am Fahrer oder seinem Unternehmer schadlos halten. Aber das kümmert den Fahrgast wohl herzlich wenig.

    Das man sowas natürlich nicht macht, wenn man seinen Unternehmer nicht in die Pleite treiben will und das das erwischt werden ziemlich teuer wird sollte jedem Fahrer klar sein.

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  7. @Torsten
    Ich habe dieses Argument mit der nicht vorhandenen Versicherung bei ausgeschalteten Taxametern schon oft gehört und gebe zu, dass ich das auch bei diesen (unsäglichen) Diskussionen über dieses Thema selbst verwende. Ich kann es aber tatsächlich nicht belegen!
    Wie ist es denn mit Fahrten ausserhalb des Pflichtfahrgebietes? Der Fahrpreis ist dann Verhandlungssache und in der Regel wird auch der Taxameter nicht eingeschaltet. Oder muss ihn dann bis zur Grenze des Pflichtfahrgebietes anmachen? Das habe ich auch schon gehört.
    Für mich persönlich zählt in erster Linie die eigene Firma. Die sind okay, also gehe ich auch fair mit ihnen um. (Die erste Taxibude, in der ich gearbeitet habe, musste Insolvenz anmelden. Ohne mein Zutun.)
    Ausserdem halte ich es für eine verdammte Pflicht eines jeden, seine Steuern zu bezahlen und Geld in unsere sozialen Systeme abzuführen. Erst dann darf ich über schlecht ausgewogene Verwendung derselben auch meckern.

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