Mittwoch, 3. Februar 2010

Plakate für Berlin

Meistens sind es ja die kleinen Geschichten oder Begebenheiten aus dem Taxileben, die ich hier hier in's Blog schreibe. Manchmal  wird man aber auch von Fahrgästen auf größere Themen gestoßen.
So hatte ich am Sonntag einen Fahrgast, der mich zu nachträglicher Recherche veranlasst hat.

Ein Mann, so ca. Mitte 40, der zwar der deutschen Sprache mächtig war, aber bedauerte, dass er so viel vergessen habe. So haben wir uns auf seine Bitte hin, in Englisch und Deutsch unterhalten. Er sprach in Englisch, ich in Deutsch.
Seine Großeltern seien Deutsche gewesen und 1938 nach London geflohen. Und dann hat er mir eine Geschichte erzählt, die ich anfangs gar nicht richtig verstanden habe. Sein Großvater sei der Zahnarzt von Einstein gewesen und habe ausserdem eine große Sammlung von "Postern" besessen, von der er in der Nazizeit enteignet wurde und die anschließend als verschollen galt. Irgendwann sei sie wieder aufgetaucht und er [der Großvater] habe eine Entschädigung erhalten. Inzwischen will aber die Familie diese Sammlung wieder zurück haben, aber das DHM, bei dem die Sammlung inzwischen eingelagert sei, würde sie nicht rausrücken.
Soweit die Kurzform seiner Schilderungen.



Diese Geschichte habe ich dann zu Hause erzählt und fragte M., ob ihr darüber etwas bekannt sei. Klar, meinte sie. Das könne nur die Plakat-Sammlung von Hans Sachs sein. Und es habe vor kurzem ein etwas seltsames Gerichtsurteil darüber gegeben.
So habe ich angefangen zu recherchieren.  Ja es gab ein Gerichtsurteil nur ein paar Tage zuvor. Und es hört sich wirklich seltsam an:

Das Kammergericht Berlin entschied in zweiter Instanz, dass der Sachs-Sohn Peter zwar Eigentümer der Sammlung ist. Er habe jedoch keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Rückgabe der mehr als 4000 Plakate, befand das Gericht.
 Süddeutsche Zeitung vom 29.01.10

...dass zwar der Sohn und Erbe des Sammlers, Peter Sachs, Eigentümer der Kollektion ist und bleibt. Aber er kann das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin, in dem die rund 4000 Stücke der wohl wichtigsten Sammlung von Kunst- und Werbeplakaten zwischen Ende des 19. Jahrhundert und 1933 derzeit aufbewahrt werden, nicht zur Herausgabe seines Eigentums zu zwingen.
Welt vom 29.01.10

Weitere Links zum Urteil
Tagesspiegel
Die Presse
RBB


Hier ein Artikel aus der ZEIT von 2008

Wobei ich erwähnen muss, dass bei meiner Recherche nirgends ein Enkel von Hans Sachs auftaucht. Vielleicht hatte ich anfangs noch nicht richtig zugehört, und der Verwandschaftsgrad liegt irgendwie anders. Auf jeden Fall habe ich wieder was dazu gelernt.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen