Seit Tagen überlege ich hin und her, ob ich einen Beitrag über die zwei Fahrgäste schreiben soll, die ich am Samstag hatte. Nicht unbedingt richtige Promis, aber doch Personen des öffentlichen Lebens in Berlin. Zu denen habe ich eine sehr, sagen wir mal, differenzierte Einstellung. Auch was während der Fahrt so vor sich ging, wäre einen Beitrag wert, den ich aber aus meiner Sicht mit Kommentaren versehen würde, die von den Betroffenen nicht gerne gelesen würden.
Meine Fragen an alle Taxifahrer (und nicht nur die), die hier mitlesen:
- Gibt es rechtliche Vorschriften, was die Diskretion innerhalb eines Taxis anbelangt?
- Wo sind die Grenzen moralisch- ethischer Verantwortung?
- Wo ist da die Grenze der freien Meinungsäusserung? Abgesehen von Beleidigungen und Unwahrheiten natürlich.
Nur so als Beispiel: Ab und zu fahre ich den Bürgermeister eines Berliner Bezirkes und unterhalte mich mit ihm über aktuelle Ereignisse im Bezirk. Darf ich einfach veröffentlichen, was er mir im Taxi zu Thema XY gesagt hat? Oder befindet man sich in einem Taxi in einem "privaten Raum" und hat das Gesagte vertraulich zu behandeln?
Es ist ja auch ein Unterschied, ob ich schreibe, "ein Fahrgast hat mir das Taxi vollgereihert" oder "Promi XXX hat mir das Taxi vollgereihert".
Würde gerne eure Meinung dazu hören.
[Natürlich ist mir klar, dass sich Betroffene wohl kaum auf dieses kleine Blog verirren. Insofern ist die Fragestellung wohl eher akademischer Natur. Aber man weiß ja nie...]
Danke! Ich hab mir auch schon oft Gedanken drüber gemacht - kenne die Antwort aber bisher leider auch nicht. Würde mich also auch brennend interessieren!
AntwortenLöschenIch denke, dass es ok ist, solange man die Leute nicht diskreditiert, ich habe das auch schon gemacht: www.berlinstreet.de/1246
AntwortenLöschenNatürlich ist es doof, diejenigen schlecht hinzustellen, denn die einzige Möglichkeit sich zu wehren. wäre eine Anzeige gegen den Autoren ;-)
Aber wenn sich jemand ins Taxi setzt (ob Promi oder nicht), dann geht er natürlich von einer nicht-öffentlichen Situation aus und muss dem Kutscher auch vertrauen können.
Gerade hier in der Bundeshauptstadt gäbe es eine Menge Geschichten mit Politikern zu erzählen, die sie ganz sicher nicht gerne lesen möchten. Die spielen meistens erst nach Mitternacht.
@Aro
AntwortenLöschenokay, habe Deinen Beitrag gelesen. Du gehst auch sehr nett mit Deinen Promi-Fahrgästen um (also im Blog). Bestimmt hast Du aber auch negative Erfahrungen, vielleicht auch noch mit Menschen, deren politisch-gesellschaftliche Ausrichtung Dir gegen den Strich geht. Würdest Du das posten? Beispiel: Ein Berliner Politiker belegt einen Anderen mit einem Schimpfwort, das nicht jugendfrei ist. (vor Mitternacht).
Mir ist jetzt nicht bekannt, daß wir im Taxi eine Schweigepflicht hätten. Das Taxi ist ein Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs.
AntwortenLöschen@Trixi
AntwortenLöschenich würde es als Diskretionspflicht bezeichnen.
Du meinst also, man darf alles öffentlich machen?
Prinzipiell würde ich das mal bejahen.
AntwortenLöschenEs geht generell um Abwägung des öffentlichen Informationsinteresses versus Persönlichkeitsrechte (eines Prominenten).
Fiktives Beispiel:
Du fährst Helmut Kohl mit Deinem Taxi ins Puff :P ... darfst Du das veröffentlichen?
Ich denke ja, denn H.Kohl muß bewußt sein, daß er sich mit einem öffentlichen Verkehrsmittel (dem Taxi) von einer fremden Person, mit der er - außer dem Beförderungsvertrag - keinerlei vertragliche Vereinbarung hat, zu dieser Örtlichkeit bringen läßt.
Deswegen würde H.Kohl auch nicht mit einem Taxi in den Puff fahren, sondern mit seinem Privatchauffeur...
Er könnte aber natürlich VOR der Fahrt einen Vertrag mit Dir schließen, daß Du zur Geheimhaltung des Fahrtzieles, der Gespräche im Taxi etc. verpflichtet bist.
Anderes gilt aber bei Bildern.
Anderes fiktives Beispiel:
Klaus Wowereit steigt bei Dir ins Taxi und lästert während der Fahrt über die Schwulenszene in Berlin, das Schwule verabscheuungswürdig seien und die Homoehe abgeschafft gehört.
Diesen Aussagen trifft K.Wowereit in einem öffentlichen Raum. Das hätte den selben Stellenwert, als würde er diese fiktive Aussage auf einem Galaempfang machen.
Dürftest Du darüber berichten? Ja.
Kommst Du an diese Informationen, weil Du sein Handy abhörst oder Wanzen in seiner Wohnung installiert hast? ... Dann darfst Du diese Informationen nicht veröffentlichen.
Beleidigend darfst Du in Deiner Berichterstattung nicht werden, aber Deine Meinugn frei äußern.
Ausnahmen sind Fahrten, die z.b. während des ärtzlichen Bereitschaftdienstes gemacht werden. Da unterliegst Du dann, als Fahrer des Arztes, der Schweigepflicht.
So würde ich das jetzt mal als juristischer Laie beurteilen.
Ein andere Punkt ist natürlich, ob Du darüber berichten WILLST, das steht auf einem anderen Blatt.
Aber für gute Klatsch- und Tratschgeschichten zahlen div. Zeitungen sogar richtig viel, was ich persönlich aber verabscheuungswürdig finde.
P.S.: Im Beförderungsvertag steht nix von einer generellen Schweigepflicht... ist persönliche Abwägung bzw. öffentliches Intereses <-> Persönlichkeitsrecht
AntwortenLöschen@Trixi
AntwortenLöschendanke für Deine ausführliche Stellungnahme
@alle
ich möchte mal mächtig konstruieren.
Ich habe am [Datum] um [Uhrzeit], Person [Promi X.Y] in Begleitung von [Q.Z.]von [Fahrtbeginn] nach [Fahrziel] gefahren.
Also ehrlich, wir sind doch die ersten die nach Privatsphäre rufen, wenn...
Nein, ich habe mich entschieden: Keine Veröffentlichung von privaten Informationen über identifizierbare Personen, ohne Rücksprache mit ihnen.
Dank an alle.
@Trixi
AntwortenLöschenP.S.: Sollte allerdings Wowi mal bei mir im Auto sitzen und sich in der von Dir geschilderten Art äussern, müsste ich nochmal nachdenken. :-)
Ich würd auch nicht alles schreiben, gerade wenn es um die Privatssphäre geht, kommt aber auch auf den „Promi“ an. ;)
AntwortenLöschenDefinitiv sollten sich Kunden nur dann erkennen können, wenn das öffentliche Interesse sehr stark überwiegt. Das Beispiel Wowereit ist super, wenn ein offen schwuler Politiker böse über die schwule Szene herzieht, gehört das an die Öffentlichkeit. Wenn ein nicht als schwul bekannter Politiker zum Schwulentreff fährt, geht das niemand etwas an. Wenn dieser Politiker allerdings aggressiv gegen Schwule polisch Stellung nimmt, wäre es zumindest ein Grenzfall, da würde ich wohl tatsächlich eher Roß und Reiter nennen.
AntwortenLöschenGenerell ist es allerdings sehr empfehlenswert, wenn Du einfach alle unwichtigen Infos so umbiegst, daß sich der Fahrgast nicht erkennen kann. Bei skandalverdächtigen Geschichten bleibt es dann Deinem Feingefühl überlassen, ob und wie Du drüber berichtest. Rechtlich belangt werden kannst Du nur bei Lügen oder Beleidigungen.
@Torsten
AntwortenLöschendanke, sehr gute Beispiele.
Etwas unsicher bin ich mir noch bei Menschen, die ich gefahren habe, ohne dass etwas skandalträchtiges vorgefallen ist, die mir aber anhand ihrer politischen oder gesellschaftlichen Aktivitäten auf den Nerv gehen. Da (das war der Auslöser dieses Posts) habe ich mich ertappt, wie ich mal selber vom Leder ziehen wollte. Das würde zwar unter freie Meinungsäusserung fallen, muss aber auch nicht sein.
@Torsten
AntwortenLöschenkann man Dich verlinken, oder arbeitest Du noch an Deiner MlC?
In einem Punkt muss ich Trixi mal zustimmen: Schweigepflicht steht wohl in keinem unserer Arbeitsverträge.
AntwortenLöschenIch denke, dass es im Falle diesem Fall aber natürlich um Vertrauensverhältnisse geht. Denn natürlich werden wir als Taxifahrer von unseren Kunden zumindest meistens als Profis gesehen. Oder zumindest als Leute, die 1000 Fahrgäste im Monat (wenn nicht in der Woche!) haben, uns also sowieso nicht merken könnten, wer was gesagt hat.
Die Frage muss auch ein wenig sein, ob dieser Anspruch gerechtfertigt ist.
Bloggen tun wir schließlich privat, und insofern halte ich es für gerechtfertigt, beispielsweise zu erwähnen, dass man mit der Meinung eines Politikers nicht einverstanden ist. Wenn es skandalträchtige Aussagen sind, dann finde ich es eigentlich umso gerechtfertigter, das öffentlich zu machen. (skandalträchtig meint hier politisch relevant, nicht etwa irgendwelche sexuellen Vorlieben oder so)
Torstens Tipp mit dem Umbiegen halte ich für sehr gut, wobei ich mich nur bedingt daran halte. Ich fände es auch nicht schlimm, wenn der Fahrgast sich selbst erkennt - viel wichtiger ist es, dass andere ihn nicht erkennen.
Im Falle von Prominenz werde ich nach Gefühl entscheiden, ob ich Namen oder Details nenne. Aber ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass ich eher zu einem "nein" tendiere, weil ich die Privatspäre eines Menschen zu schätzen weiss - und zudem ebenso zu schätzen weiss, wenn mich jemand für vertrauenswürdig genug hält, sehr private Dinge zu erfahren.
Aber alles hat Grenzen: Um die Kunde zu verbreiten, dass Udo Voigt einen asiatischen Gayclub aufsucht (fiktives Beispiel!!!), würde ich wahrscheinlich sogar umgehend Feierabend machen ;)
Wenn ich über Fahrgäste etwas poste, was unangenehm sein könnte, verändere ich die Strecke, das Geschlecht und / oder die Anzahl der Gäste. Inhaltlich bleibe ich natürlich an der Realität. Ich denke, man soll die Fahrgäste nicht enttäuschen, indem man das vertraulich gesprochene Wort im geschlossenen Raum, veröffentlicht. Da sehe ich das Taxi als eine Art "Schutzzone". Darüber wie es rechtlich aussieht bin ich nicht so informiert. Stellt auch mal vor wir wären billige Journalisten. Es wäre für uns ein leichtes Unterfangen unsere Fahrgäste zu interessanten Aussagen oder Verhalten zu provozieren. Das würde dann veröffentlicht, (wenn der Fahrgast kein Einverständnis gibt, wird er durch überpixeln unkenntlich gemacht) ich sehe darin einen moralischen Vertrauensmißbrauch.
AntwortenLöschen@alle
AntwortenLöschenich bin freudig überrascht, wieviel Resonanz dieser Beitrag gehabt hat. Bedanke mich bei allen für ihre Stellungnahme. Hat mir tatsächlich weitergeholfen.
Ich glaube ja auch, dass dieses Problem ein ziemlich neuzeitiges ist. Durch das Bloggen gibt es ja überhaupt erst die Möglichkeit, zweifelhafte Sachen an die Öffentlichkeit zu bringen. Ansonsten war so was halt im privaten Kreis mal ein Gesprächsthema. Und wir, die wir unsere Taxierlebnisse veröffentlichen, sollten uns schon einer gewissen Verantwortung bewusst sein. Sonst gibt es vielleicht in Zukunft noch Taxibestellungen "kein Blogger".
@Klaus: Natürlich kann man mich verlinken, tut nichtmal weh. Und in grob geschätzt 1-3 Wochen werde ich auch wieder produktiver werden!
AntwortenLöschen@Torsten
AntwortenLöschensehr schön. Freut mich.
@Torsten
AntwortenLöschenDas sind doch mal gute Nachrichten! Ich hoffe, es geht Dir inzwischen besser :) Ich habe dein Blog schon länger gelesen, allerdings nie kommentiert (fand die Geschichten schon spannend genug) und wollte Dich auch nicht bitten/drängen weiterzuschreiben, wenn Du nicht möchtest. Aber diese Nachricht ist auf jeden Fall in den Top 5 des Tages!
Auf Bald,
Ste
@Stefan:
AntwortenLöschenAber sowas von Top Five!
@Torsten:
Ich freu mich auch schon (merkt man vielleicht am Kommentar zu Stefan...)
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschen@Sash
AntwortenLöschenhast Mehl. Grüße Trixi :)