Donnerstag, 6. Mai 2010

Alltag (5) Kurze Strecken

Ich gehe in eine Bäckerei und sehe in den Brötchenkörben Dutzende von Brötchen liegen. Ich bestelle ein Baguette-Brötchen. Die Verkäuferin antwortet mir, das sei nicht möglich. Sie würde hier nun schon seit einer halben Stunde auf Kundschaft warten und ich wolle jetzt nur ein einziges Brötchen? Nee.
Aber ich bräuchte nur dieses eine für mein Frühstück.
Sie habe aber hier eine ganze Menge und ich solle ihr doch mal mindestens drei Stück abkaufen.


Unvorstellbar dieser Dialog? Ja, natürlich.

Natürlich wird die Bäckerei-Fachverkäuferin nicht wie wir Taxifahrer nach Provision bezahlt. Aber auch ein Taxifahrer ist ein Dienstleister. Und er muss auch die kleineren, nicht rentablen Aufträge ausführen. Und vor allem, er sollte das tun, ohne dem Kunden das Gefühl zu geben, er habe gerade ein unverschämtes Anliegen.

Liebe Kollegen, das ist einfach Berufsrisiko!

Natürlich kann es ärgerlich sein, nach einer einstündigen Wartezeit nur eine 5-€-Tour abzubekommen. Aber bitte lasst das nicht am Kunden aus. Der Kunde möchte nun halt mal nicht zum Flughafen oder gar von Mitte nach Spandau. Was soll er denn da?

Und das Schöne am Taxifahren ist ja auch, man weiß nie, zu was es gut sein kann. Vielleicht steigt am Zielort gleich wieder ein neuer Kunde ein, vielleicht erwischt man auf dem Weg zur nächsten Halte einen Winker. Oder von der nächsten Halte einen dicken, fetten Auftrag. Alles schonmal da gewesen.

Natürlich wird diese, meine Einstellung auch mal auf die Probe gestellt. Vor kurzem habe ich doch tatsächlich sechs Touren hintereinander bekommen, von denen keine einzige mehr als sechs Euro gebracht hat. Da ist man dann schon am Hadern, aber nie, nie, nie würde ich mir das anmerken lassen. (Hoffe ich zumindest.)

Und noch ein kleiner Tipp für Fahrgäste:
Niemand nimmt es euch übel, wenn ihr für eine Mini-Tour mal einen der hinteren Wagen in der Schlange nehmt. Denn der Fahrgast hat das Recht, sich das Taxi seiner Wahl auszusuchen. (Ausnahme in Berlin: der Flughafen Tegel.)

Auch gibt es in Berlin den kundenfreundlichen Kurzstrecken-Tarif. Das heißt: Eine aus dem fließenden Verkehr fahrende Taxe herbeiwinken und "Kurzstrecke" sagen. Und schon kommt man für vier Euro genau 2 Kilometer weit. Allerdings darf die Fahrt keine Unterbrechung haben.

Und nochmal an die Kollegen:
Ich habe es satt, mir immer die Beschwerden der Kunden anhören zu müssen, weil ihr sie vollgejammert habt!

4 Kommentare:

  1. *unterschreib*
    Und ich hoffe, dass sich die Bäckereivergleiche durchsetzen!

    Den Kollegen sei auch mal angeraten, sich zu überlegen, was passiert, wenn die Kunden irgendwann genervt von missmutigen Taxifahrern sind. Denn selbst wenn sie von nun an nur die kurzen Strecken meiden geht dem Gewerbe damit Geld verloren. Über kurz oder lang (man beachte die Wortwahl) kommt dieser Verlust bei jedem einzelnen Fahrer an. Man macht vielleicht ungern nach einer Stunde die berühmte Tour Vom Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor, aber am Monatsende ein Fünfer mehr in der Tasche ist dann komischerweise keinem unangenehm...
    Dieses Geschäft wird bloß ohne zufriedene Kunden nicht mit gleichbleibendem Umsatz funktionieren. Momentan fahren Leute wie Klaus und ich euch noch die unliebsamen Touren weg, aber irgendwann fahren wir alle nur noch die 25€-Fahrten und dann nervt es euch, dass wir vor euch warten und eure ach so wertvolle Zeit kosten. Wäre ein Ansatz, mal drüber nachzudenken!
    Zumal mich mal interessieren würde, wieviele Gedanken sich ein Kunde zur Situation machen soll um zu eruieren, ob der Taxifahrer gerade schon lange steht oder nicht. Wollen wir Parkscheiben für die Halte?

    Und liebe Kunden: Was Klaus geschrieben hat, stimmt auch sonst. Gerne mal einen Kollegen hinten rausziehen oder die Kurzstrecke in Betracht ziehen. So lange die kuriosen Kollegen unter uns weilen, spart das auch mal Nerven.

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  2. Unabhängig vom rechtlichen und ethischen Standpunkt aus betrachtet ist es auch unsinnig, den Kunden anzumaulen. Er wird ja deshalb nicht sagen: "Ok, sie haben recht. Fahren Sie einfach noch dreimal um den Block, damit Sie auch was davon haben".

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  3. Vor ein paar Wochen hatte ich ein richtig verschüchtertes, älteres Ehepaar an Bord. Vor dem Adlon eingestiegen und erst mal vorsichtig gefragt: "Würden Sie auch nur bis zum Hauptbahnhof fahren?"
    Unterwegs haben sie mir die Geschichte ihrer Anfahrt vom Hauptbahnhof zum Adlon erzählt. Der Kollege war wohl die ganze Fahrt über nur am Schimpfen und Meckern, was für ein Pechvogel er sei.
    Sowas geht einfach nicht Ausrufezeichen

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  4. @Klaus
    In der Tat, solche Geschichten höre ich auch immer wieder, traurig aber wahr...

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