Dienstag, 3. September 2013

Qualkampf

Falls es jemand noch nicht bemerkt haben sollte, es ist Wahlk(r)ampf in Schland.

Schon von weitem konnte man den jungen, dynamischen Menschen erkennen, der an der Schlange der wartenden Taxen vorbeilief und versuchte jedem Kollegen einen Flyer anzudrehen. Das ist jetzt nichts ungewöhnliches. Es gibt immer wieder Menschen, die denken, so ein Taxi sei ein guter Werbeträger und uns ihre Angebote für Fitness-Studios, Restaurants und ähnliches ins Auto stecken und ernsthaft glauben, wir würden diese an unsere Fahrgäste weiterempfehlen.

Aber wie gesagt, es ist Wahlkampf. Als sich der junge Mann nun näherte, konnte ich erkennen: Ein Wahlkämpfer. Der Afd. (sucht euch die selber)
Ich winkte ab, als er mir seinen Flyer anbot und konnte nicht umhin noch eine Bemerkung in seine Richtung abzugeben:

"Bleib mir bloß vom Leib."

Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen:

"Wieso, was hast du gegen uns?"
und signalisierte deutlich seine Diskussionsbereitschaft.

"Ihr seid doch verseucht von rechtsradikalen Populisten. Unter anderem von denen der NPD."

"Die von der NPD wurden doch wieder rausgeschmissen."

"Kann sein, aber der Rest?"

Es entspann sich nun das Gegenteil von dem, was ich mit meiner flapsigen Bemerkung erreichen wollte, nämlich eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Euros und der EU und weitere Themen. Schon hier standen wir uns unvereinbar gegenüber, da für mich so Begriffe wie "sozial" und "Solidarität" einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben. Und das Gejammer über (vermeintlich) rausgeschmissenes Geld geht mir mächtig auf den Zeiger. So ist es halt.

Und der junge Mann schaffte es tatsächlich, mich davon zu überzeugen, dass die AfD eine unwählbare Partei ist:

"Wir stehen für eine konventionelle Familie. Oder hast du zwei Väter?"
 
"Ja. Meine Mutter hat sich ganz konventionell scheiden lassen und dann wieder geheiratet. Auch ganz konventionell"

"Aber willst du denn zwei schwule Väter haben?"

"Was spielt denn die sexuelle Orientierung dabei für eine Rolle?"

Das war zuviel für ihn. Er zog ab mit der Bemerkung:  

"Auf deine Stimme sind wir doch gar nicht angewiesen. Du bist bei den grünen Pädophilen gut aufgehoben, du Gutmensch."

Nein du Schlechtmensch, garantiert nicht,

Guter Wahlkämpfer. Er hat es tatsächlich geschafft, innerhalb eines 3 bis 4 minütigen Gesprächs aus meinen Vorurteilen dieser Partei gegenüber Urteile zu machen.

Aber was bringt mir das, wenn ich weiß, wen ich NICHT wählen werde? WEN kann ich überhaupt noch wählen? Wohin eigentlich mit den zwei Kreuzen? Zu oft habe ich schon mit geballter Faust in der Hosentasche meine "staatsbürgerliche Pflicht" erledigt und wurde anschließend an der Nase herumgeführt. Zuletzt von Rot-Grün.

Der Reinhold aus München hat sich so seine eigenen Gedanken zur parlamentarischen Demokratie gemacht. Gegen seine Konsequenz nicht wählen zu gehen, wehre ich mich aber noch. Mit Betonung auf NOCH. Kann sein, dass ich meine Meinung mal ändere, wenn es zwei Kreuzchen explizit für Nichtwähler geben sollte.


6 Kommentare:

  1. Es gibt die Partei der Nichtwähler...ob sie wählbar sind? keine Ahnung, ich habe mir ihr Wahlprogramm, so sie denn eins haben, nicht angeschaut.
    Die paar Zeilen Wahlprogramm der AfD dagegen haben mir gereicht, um sie als unwählbar einzustufen, das hat der überaus freundliche Herr, der mich bewahlkampfen wollte, zum Glück auch ohne weitere Diskussion eingesehen und mich zum Wahlstand der Piraten weiterverwiesen...

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    1. Auf dem Stimmzettel der neben mir liegt, gibt es keine Partei der Nichtwähler.
      Und Du hast wohl mehr Glück gehabt mit Deinem Wahlkämpfer als ich.

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  2. Ach ja, Mist, das steht uns in drei Wochen ja auch noch bevor. Und dann wieder die Wahlqual, weil es keine einzige Partei gibt, der ich ohne Probleme meine Stimme anvertrauen möchte.
    Wen ich auf keinen Fall wähle, ist auch mir klar, das gehts mir wie Dir. Aber bei den anderen...?
    Wenigstens die Erststimme habe ich schon für jemanden reserviert, allerdings geht die zweite vermutlich nicht an die entsprechende Partei.
    Aber wählen geh ich auf jeden Fall.

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    1. Ganz genauso geht es mir.
      Erststimme ist klar. Zweitstimme??

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  3. hauptsache, überhaupt wählen gehen ...

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    1. Wählen gehen, bzw Briefwahl ist klar.
      Ich erwäge noch, eine ungültige Stimme abzugeben, damit ich nicht indirekt der Partei, die sowieso die meisten Stimmen kriegt (wer das sein wird dürfte klar sein), zu unzerstützen. Das mauss ich jetzt nicht mathematisch erläutern, oder?
      Leider ist es ja so, dass die Nichtwähler in unserer parlamentarischen Demokratie inzwischen die zweitstärkste "Fraktion" darstellt.

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