Ausnahmsweise mal eine Geschichte aus zweiter Hand.
An einem der letzten Wochendtage - mal wieder am Adlon - trat einer der Doormen an die Taxihalte und sprach jeden Taxifahrer einzeln an. Bei mir angekommen, wusste ich schon, das ist was kompliziertes.
"Sprechen Sie englisch?"
Ich musste grinsen: "Ja, aber wenn Sie jemanden suchen, der eine ausführliche Stadtrundfahrt mit exakten Angaben von Jahreszahlen mit Erläuterungen in fließendem englisch... ich glaube, da muss ich passen."
Er ging weiter und kam kopfhängend wieder zurück und flüsterte mir zu: "Der geht mir eh' auf den Keks. Zuerst wollte er großes deutsches Auto. Als wir ihm dann einen 7er BMW zu Verfügung gestellt hatten (Das Adlon hat einen eigenen Limousinen-Service), musste es auf einmal ein Mercedes sein. Als der dann kam, sprach ihm der Fahrer nicht gut genug englisch."
Ich musste sofort an meinen Kollegen Q. aus der Firma denken, der auch sehr oft am Adlon steht. Der spricht englisch, da fallen mir die Ohren ab. Ausserdem hat er wohl früher schon mal als Stadtführer gearbeitet und, wie soll ich es ausdrücken, ein sehr gesprächiger und kommunikativer Typ. Ich schaute die Reihe nach hinten, konnte ihn aber nicht entdecken. Ausserdem hatte ich ihn schon mehrere Wochen lang nicht mehr getroffen. Vielleicht Urlaub? Genau in diesem Moment kommt er um die Ecke! Genau der richtige Mann, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort. Sie sprachen kurz miteinander und düsten los.
Letztes WE habe ich ihn dann wieder getroffen und ihn auf diese Stadtrundfahrt angesprochen.
"Bei solchen Leuten ist es wichtig, dass man zuerst rauskriegt, woher sie kommen. Die waren aus New York und da ich mal in NY gelebt habe, haben wir uns gleich sehr gut verstanden. Wir haben uns erst mal über die Leute aus New Jersey lustig gemacht und ich kann ja auch deren Dialekt gut nachäffen."
"Okay, und was hast du mit denen so veranstaltet?"
"Die wollten so 2 Stunden lang was von Berlin sehen. Mit nur einfachen Rumfahren werden zwei Stunden eine lange, lange Zeit. Ich habe sie an verschiedene Örtlichkeiten gefahren und bin dort mit ihnen rumgelaufen."
"Ja, wo denn so?"
"Unter anderem waren wir am Heinrichplatz, Döner essen. Das hat ihnen alles so gut gefallen, dass sie mir das Doppelte vom Vereinbarten gezahlt haben."
Mal abgesehen davon, dass ich keinen Schimmer habe, wie man in New Jersey so spricht, ehrlich, nie im Leben wäre ich draufgekommen, dass es einen New Yorker beeindrucken könnte, in Kreuzberg Döner zu essen.
Aber da kann man mal sehen, was manche Berliner Taxifahrer so alles drauf haben.
Mittwoch, 30. Juni 2010
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Super - you made my day! Ich habe mich weggeschmissen.
AntwortenLöschen@Noga
AntwortenLöschenNicht dass jetzt hier ein falscher Eindruck entsteht, der Kollege war auch noch an anderen Orten. Trotzdem :-D
Ich denke, diue meisten interessieren sich gar nicht so genau für das Erbauungsjahr des Brandenburger Tors und so. Ich mache auch manchmal solche Touren und dann ist es vor allem wichtig, bildlich zu sprechen, die Bauwerke in eine Geschichts-Geschichte einzubinden.
AntwortenLöschenAnsonsten ist es aber auch nicht schwer, 1-2 Stunden vollzukriegen, ab und zu muss man eh aussteigen, um sich was genauer anzuschauen.
Aber es macht (meistens) Spaß.
@Aro
AntwortenLöschenEs gibt da aber doch noch einen Unterschied zwischen deinem und meinem geschichtlichen Wissen über Berlin. Natürlich traue ich mir auch zu, Touristen von einem (touristischen) Highlight zum nächsten zu kutschieren. Aber dazu müsste ich die Menschen und ihre Erwartungen kennen. Und das ganze dann in Englisch?
Aber mal nebenbei, was nimmst Du da pro Stunde?
(Antwort gerne auch über Mail) ;-)