Montag, 28. Juni 2010

Der englische Sonntag (2)

oder wie ein Berliner Taxifahrer das Spiel England vs Deutschland erlebte.
Ich hatte es ja angekündigt. Ich habe es tatsächlich durchgezogen. Und es kam (fast) alles, wie es in den Kommentaren diskutiert wurde. Zuerst habe ich die 50 €uro Umsatz gemacht, von denen Sash gesprochen hatte. Und das kam so:
Sonntag 15:00 Uhr. Die Halten leerten sich in Windeseile. Ich stand am Pariser Platz. Die Kollegen vor mir fuhren einer nach dem anderen leer davon. Da ist schnell noch ein Fahrgast ins Auto gehechtet, wohl in der Angst, ich würde ihn auch stehen lassen.
Wie mein Tipp für das heutige Spiel sei, fragte er mich. Ich antwortete, dass ich glaube, dass diese deutsche Mannschaft noch zu jung sei, um den Engländern Paroli bieten zu können. Er meinte etwas erstaunt, dass ich jetzt aber der Erste sei, der das so sieht.
Die Unterhaltung fand in Englisch statt und so schreibe ich sein Statement in der Originalsprache: "I'm from Argentina, I hope that England wins. The Englisch - we kick ass. Germany, difficult. Last time we lost, penalty shoot out ..." In Anspielung auf den vermeintlich nächsten Gegner der Argentinier.
Er wollte zum Swiss-Hotel und meinte, er würde mit mir gerne zum Flughafen Tegel weiterfahren. Er brauche nur ein paar Minuten um sein Gepäck zu holen. Aber immer wieder gerne.
Aus den "paar Minuten" wurde über eine Viertelstunde und so hatte ich zum Schluss 30 € auf der Uhr.
Und nun?
Ja, ich wollte es wissen. Ich fuhr zurück zum Pariser Platz. Keiner da ausser mir. Einen Fahrgast hatte ich innerhalb einer Minute.
"Ah, Sie haben mich doch gestern schon gefahren. Bitte wieder zum ICC."
Ja, es stimmte. Im ICC findet z.Zt. ein Kongress mit Leuten, die was mit Blut zu tun haben, statt ... ist ja auch egal. Am Vortag hatte ich ihn und eine Gruppe von Menschen dorthin gebracht.
Ein Niederländer, wie alle Niederländer, sehr fußballinteressiert. Was um Gotteswillen sei denn heute und gerade jetzt eben für eine Veranstaltung, bei der er anwesend sein müsste.
"Ich bekomme da eine Auszeichnung. Da ist auch der deutsche Gesundheitsminister anwesend. Da kann ich nicht fehlen." Au Backe, den hat es ja übelst erwischt.
Das Spiel lief natürlich im Radio mit und wir fuhren über die fast menschen- und autoleere Kantstraße Richtung ICC. Nur an der Ecke Wilmersdorfer ein ganz schüchterner Winker. Kurz vorm Ziel: 1:0 für Deutschland. Neben mir an der Ampel ein Cabrio. Ich, in meiner Euphorie zu meinem Nachbarn: "Und ich hätte ja den Klose erst gar nicht mit genommen." Lachen, Hupen.
Zurück Richtung Wilmersdorfer - vielleicht steht er ja noch, der Winker. Schade, ein Kollege direkt vor mir hatte ihn schon im Auto.
Also weiter Richtung Heimat, ich hatte ja die zweite Halbzeit gucken anvisiert.
Noch kurz am Ostbahnhof vorbei. Vier Taxen, keine Menschen. Inzwischen 2:1. Halbzeit. Okay, Feierabend. Verdammter Mist, ausgerechnet heute kein Parkplatz an der Ablöse. 2. Halbzeit. Das Auto nach etwas Rumgesuche irgendwo abgestellt. Abrechnung, Schlüssel abgeben. Mann, das dauert immer... Nur schnell nach Hause, bevor das Spiel zu Ende ist.
Auf der Kottbusser Brücke, kurz vor meinem Ziel, irgendetwas ist passiert. Was positives. Vor der Ankerklause lauter jubelnde Menschen, Jubelschreie auch von schräg gegenüber. Ich bin, entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten, hupend in den Graefe-Kiez eingebogen. Aber wie könnte es auch anders sein, kein Parkplatz weit und breit. Ganz am Ende meiner Straße endlich ein Parkplatz.
In meiner Straße gibt es ja etliche Kneipen, das heißt z.Zt. auch etliche Fernseher. Gleich beim  ersten bin ich hängen geblieben und so kam es, dass ich den Rest der 2. Halbzeit beim Public-Viewing verbracht habe.
Ende gut, alles gut.

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