Dienstag, 15. Juni 2010

Adlon failed, aber mir wird es schmecken

Für den frühen Sonntagmorgen hatte ich mich unverbindlich mit einem Russen, den ich am Vortag gefahren hatte, am Hotel Adlon verabredet. Der brauchte so gegen halb acht einen Taxi-Lift nach Schönefeld. "Wenn ich rauskomme, werde ich nach Ihnen Ausschau halten." Schöne Tour und so war ich ungefähr zehn vor halb am Taxistand, wartete und stieg auch aus, um mich zu zeigen. Da war ich noch Zweiter und kam mit dem Doorman ins Gespräch. Er meinte, sie hätten heute einen anstrengenden Tag vor sich. 240 Abreisen!
Aber wie es halt manchmal so ist, kurz vor halb kriegte ich dann eine andere Tour, "nur" zum Flughafen Tegel. Auch gut. Aber mein Tagesplan stand dann natürlich schon fest.
Es lief dann auch ganz gut am Adlon, nur kriegte ich nicht die Flughafenfahrten, sondern nacheinander: Nicolaiviertel, Martin-Gropius-Bau, Hotel Park Inn und Hauptbahnhof. Touren mit max. 7 €.
Mittags stand ich dann mal wieder als Zweiter am Stand und beobachtete die etwas hektischen Aktivitäten der Doormen, ob der großen Abreisewelle. Mir stach ein junges Paar ins Auge, das einem Hotelangestellten einen Gepäckschein in die Hand drückte. Ich taxierte die beiden und kam zum Schluss - ganz eindeutig Tegel. Oder doch nicht? Die Brille des männlichen Teils sah sowas von Hamburg aus, vielleicht doch nur Hbf? Hmm, ich beschloss, die will ich haben. Es zog sich mit dem Gepäck und ich wurde tatsächlich Erster. Und es zog sich weiter. Hoffentlich steigt jetzt kein zum-Neuen-Museum-bitte-Fahrgast ein. Nach insgesamt etwa 20 Minuten, endlich! Ich hatte sie. Ich war in Gesprächslaune und teilte den beiden gleich meine Gedankengänge, einschliesslich des von mir vermuteteten Herkunftsortes der Brille, mit und er brach in schallendes Gelächter aus. Die Brille hätte er tatsächlich in Hamburg gekauft, aber sie müssten jetzt nach Tegel. Das Eis war gebrochen und wir haben uns sehr angenehm und angeregt unterhalten. Sie haben sich etwas über den Service vom Adlon mockiert (bei ihrer Ankunft hatten die ihre Buchung verbummelt und sie mussten die erste Nacht in einem anderen Hotel übernachten, der Frühstückspreis sei mit 39 € völlig überteuert und dann auch noch 20 Minuten auf das Gepäck warten) und ich erzählte viel über Berlin, über die Gefahren durch Immobilien-Investoren und den harten Winter, wochenlang nicht geräumte Gehwege und, und, und. Sie stammt aus Bayern und er aus NRW, aber mittlerweile wohnen sie in Zürich. Richtig nett, die zwei. Am Flughafen dann, nach einem normalen Trinkgeld, haben sie noch kurz was miteinander geflüstert und dann sie zu mir: "Trinken Sie Alkohol?" "Bei der Arbeit nie." "Wir hätten da noch ein kleines Trinkgeld für Sie." und kramte kurz in einem Koffer. Herauskam eine Flasche Veuve Clicquot Ponsardin. "Die haben wir vom Adlon als Entschädigung erhalten. Für die nette Unterhaltung und bleiben Sie wie Sie sind."

Sowas tut ja manchmal sowas von gut!
Danke nach Zürich.

Grund für dieses ungewöhnliche Trinkgeld könnte natürlich auch das Verbot der Mitnahme von Flüssigkeiten an Bord eines Flugzeuges sein, ich nehme es aber lieber als persönliches Dankeschön. :-)

7 Kommentare:

  1. Ha, geil!
    Also die Aktion sowieso. Herzlichen Glückwunsch zu den Fahrgästen!
    Was mich zum Lachen gebracht hat, war, dass ich genau den selben Spruch bringe, wenn mir jemand Alkohol schenken will:

    "Bei der Arbeit nie!"

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  2. @Sash
    Es war das erste Mal, dass mir jemand Alkohol geschenkt hat! Vielleicht sieht das nachts anders aus. ;-)

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  3. @Klaus:
    Naja, bei mir war es bisher zweimal:

    Einmal bei einer total vergurkten Fahrt zu Weihnachten noch im Behindertenfahrdienst (damals hat mein Verein mir clevererweise bei der Adresse die Stadt nicht dazugeschrieben, 2 Stunden Verspätung, Aufregung, ich wurde geblitzt etc) hab ich eine kleine Flasche feinen griechischen Ouzo bekommen.

    Und einmal ziemlich zu Beginn beim Taxifahren hab ich zwei Flaschen Prosecco fürs Hochtragen eines Koffers und als Entschädigung für eine kurze Fahrt vom Ostbahnhof in die Grünberger bekommen.

    Das war es aber auch schon :)

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  4. @Sash
    Spannend war es aber allemal, ob ich sie kriegen werde. Und auch, ob meine Fahrziel-Einschätzung richtig war. :-D

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  5. @Klaus:
    Diese gelegentlichen Wetten auf Fahrgäste und deren Ziele sind auch mit die schönsten Geschichten meines Erachtens nach.
    Gut, ich als Nachtfahrer bin oft froh, dass ich mich VERschätze.

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  6. "Danke, aber Alkohol trinke ich nur VOR der Schicht"

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  7. @Aro
    Nach der Schicht ist vor der Schicht. :-)

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