Freitag, 23. Oktober 2009

Alte Geschichten (6)

Wie in allen Berufen, ist es auch beim Taxifahren so, dass man als Anfänger noch viel zu lernen hat. Und manchmal sogar richtig Lehrgeld zu zahlen hat.
Nach so ungefähr 2 - 3 Monaten als Greenhorn unterwegs, hatte ich mal einen Fahrgast, von dem ich im Nachhinein betrachtet sogar sagen würde, er war einfach besser.
Am Ostbahnhof eingestiegen, wollte er zur Ringslebener Str. Etwas verunsichert, da ich die Straße nicht kannte (sollte man kennen), musste ich über Navi dahin fahren, was mir immer etwas unangenehm ist. Umso erleichterter war ich, als herausstellte, dass mein Fahrgast ein sehr netter, angenehmer und unterhaltsamer Zeitgenosse war. Er erzählte, dass er erst seit kurzem in Berlin sei und einfach die erstbeste Wohnung genommen habe und da jetzt wieder wegziehen wolle. Eigentlich sei er aus Koln, finde aber Berlin Spitze. Er war Mitte 30, szenisch gekleidet und sehr locker. Er fragte mich noch ein bisschen über Berlin aus, wo gute Wohngegenden seien, wie man an die Geheimtipps kommen könne und überhaupt haben wir uns sehr angenehm unterhalten. Nie hätte ich diesem netten Menschen was Böses zugetraut.
In der Ringslebener Str. angekommen hatte ich ca. 20 € auf dem Taxameter. Er ließ mich vor einem dieser Wohnsilos halten und eröffnete mir, dass er jetzt kurz in seine Wohnung müsse, um mein Geld zu holen. Wie ich es gelernt hatte, habe ich dann, wohl etwas halbherzig, nach einem Pfand gefragt. Er habe jetzt gar nichts dabei, er könne mir aber seine Handynummer geben und ausserdem schrieb er mir seinen Namen, seine Anschrift, sogar den Aufgang und das Stockwerk auf einen Zettel. So richtig gut fand ich das zwar nicht, aber naja, ist ja ein netter Kerl.
Und warum erzähle ich diese Geschichte? Genau, ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Und hey, du Sonnenschein, solltest du wider Erwarten dieses hier lesen, behalt das Pfund. Warst halt tatsächlich besser. Heute würdest du aber damit bei mir nicht mehr durchkommen.

Seit jenem Erlebnis lasse ich niemanden mehr aus dem Auto, ohne dass er mir nicht zumindest sein Basecap als Pfand hinterlässt. Auch nicht, wenn es dann betretene Gesichter gibt.
"Sowas würde ich doch nie tun."

2 Kommentare:

  1. Alternative: Kurz über Funk mit Adressangabe bescheid sagen und zur wohnungstür begleiten.

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  2. @Aro
    Ich war damals einfach noch zu blauäugig. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass dieser nette Typ die ganze Zeit nichts anderes vorhatte, als mich übers Ohr zu hauen.

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